Samstag, 19. November 2016

Erstes Update von der Seaside Ranch


Es ist soweit: Zeit für ein erstes Update von meinem neuen temporären Zuhause in Australien.
Seit etwas mehr als zwei Wochen bin ich nun auf Bree und Michael's Ranch im australischen Outback, ausserhalb von dem Dörfchen Yuleba, in Queensland. Gleich von Beginn weg, fühlte ich mich hier wie Zuhause. Bree und Michael sind herzliche Menschen, Bree auf eine mütterliche und gutmütige Art und Michael auf seine etwas eigene Art. Bree kommt aus gutem Hause und kennt sich daher mit allen höflichen Umgangsformen bestens aus. Michael hingegen wuchs in einer rauen Gegend, um Pferde und Rinder herum auf, arbeitete ein Grossteil seines Lebens als „Contract Musterer“ und ist ein richtiger old-school Cowboy – zumindest auf den ersten Blick. Anfangs war er etwas einschüchternd, denn mann oh mann, wenn Michael in etwas richtig gut ist, dann ist es das Fluchen. Doch als ich mich an seine raue Sprache, sein oft grimmiges Gesicht, seine verschlossen scheinende Ausstrahlung und seinen starken Aussie Akzent gewöhnt hatte, merkte ich je länger desto mehr, was für ein gutherziger Mann er eigentlich ist. Ungefähr eine Woche nach der Ankunft von Gesa und mir, reiste Bree ab. Für einen lang geplanten Urlaub mit ihrer Tochter ging sie nach Bali und wir wurden mit Michael alleine Zuhause auf der Ranch gelassen. Wir beide wappneten uns gegen zwei schweigsame Wochen, doch zu unserer Überraschung taute Michael total auf, denn nun da Bree weg war, kam er auch mal zu Wort – und er hat einiges zu erzählen. ;)

Michael und Gesa am "pläuderle"

Sei es vorher, als Bree noch hier war, oder nun alleine mit Michael, eine Sache ist zu meiner Freude bisher unverändert: die Arbeit mit den Pferden ist fester Bestandteil des täglichen Lebens. Unser Alltag folgt keinem fixen Plan – wir arbeiten wo und wann Arbeit benötigt wird. Wir haben einige tägliche Ämtli wie das Versorgen der Arbeitshunde (ca. 26 australische Kelpies, rund 11 davon gehören Michael, die anderen sind Brees Hunde und 5 davon sind Welpen), das Aufräumen und Sauberhalten des Hauses und Hilfe beim Zubereiten und Aufräumen von Mahlzeiten. Nebst diesen Ämtli gibt es auch immer viel Arbeit mit den Pferden oder den Rindern. Zurzeit leben rund 300 Mutterkühe auf Bree und Michael's Land, wobei fast ausschliesslich alle davon kürzlich gekalbert haben oder noch kalbern werden und dazu noch einige Rinder, welche getrennt von der Herde ihre Jugend verbringen. Pferde hat es etwa 30-40 auf der Ranch (genaue Zahlen kann ich hier nicht nennen, da nur ein Teil der Pferde gut erreichbar untergebracht ist), wobei wir nur rund 10 Pferde immer in der Nähe haben, da wir mit ihnen arbeiten. Der Rest der Pferde ist weit auf den rund 3500ha der „Seaside“ Ranch verteilt.

Die Arbeit mit den Pferden besteht in erster Linie aus deren Training. Mir sind 3 der 10 verfügbaren Pferde zugeteilt worden, welche ich täglich reiten kann. Annie, eine junge und heissblütige Stute, welche nebst australischem Stockhorse Blut auch einen nicht zu übersehbaren Anteil Vollblut in sich hat. Sie steht ganz am Anfang ihrer Ausbildung unter dem Reiter und hat unglaublich viel Energie und Vorwärtsdrang. Daneben habe ich noch Sam, einen jungen Quarter Horse Wallach, welcher von vorherigen Girls, welche hier waren und in der englischen Reitweise ausgebildet waren, total „verritten“ wurde. Da diese Pferde hier nicht an konstanten Druck und Zug – sei es an den Zügeln oder am Bauch – gewöhnt sind (und viele englisch Reiter leider dazu neigen), hat er unter meinen Vorgängern schlechte Unarten, wie starkes Bocken, Kopf verwerfen und Steigversuche, angenommen. Diese Unarten, welche er dann bei jedem unter dem Sattel zeigte, bin ich ihm jetzt so sanft wie möglich und so gründlich wie es nur geht, am „austreiben“.
Schlussendlich ist da noch August, eine bereits etwas ältere Dame, welche oft als Anfängerpferd, auf welche jeder gesetzt werden konnte, genutzt wurde. Man merkt ihr das mittlerweile an und sie ist ziemlich stumpf geworden. Michael hofft nun, dass ich sie wieder etwas sensibler machen kann. Dies sind also die 3 Pferde, welche ich täglich reiten kann.

Je nachdem woraus die Arbeit mit den Rindern besteht, sind wir teilweise auch hoch zu Pferd unterwegs. Wenn es darum geht, die grosse Herde von einer Weide auf die nächste zu bringen, waren wir anfangs mit den Quads unterwegs, doch seit wir unsere Pferde etwas kennen, ist das sogenannte „Mustering“ nun Teil der Jungpferdeausbildung. Weitere Dinge, welche immer wieder anstehen sind zum Beispiel das Kontrollieren und Reparieren der Zäune, das Zurückbringen von Ausreissern (sofern sie entdeckt werden), das Kontrollieren der Wasserpumpen und Wassertröge, das Verlegen von elektrischen Leitungen für die Zäune, etc.

Michael beim "Mustering"

Für so gut wie alle Jobs, welche nicht mit den Pferden gemacht werden, sind wir auf unsere Quads angewiesen. Gesa und ich teilen uns ein Quad und wir wechseln uns mit dem Fahren ab. Vor ein paar Tagen, gingen wir auf das Grundstück „The Cottage“, welches auch Bree und Michael gehört und an das Land der Seaside angrenzt, um dort nach dem Rechten zu sehen. Wir waren beinahe 4 Stunden unterwegs und ich fuhr ziemlich konstant mit ca. 25Km/h durch die Gegend – durch ausgetrocknete Flussbetten und über ausgeschwemmte „Strassen“ (es war eine ziemliche Herausforderung zum Fahren!) und wir kamen nicht annähernd an die Grenzen von den Grundstücken! Hier herrschen erneut Dimensionen, welche man sich schlecht vorstellen kann, wenn man in der kleinen Schweiz gross geworden ist. Nach diesem Ausflug hatte ich den ersten Sonnenbrand seit ich in Australien bin! Obwohl ich mich morgens gut eincremte, war dieser Ausflug wohl etwas zu viel für meine armen Oberschenkel. ;) Doch die Röte ist schon einer Bräune gewichen und ich merke je länger desto mehr, wie sich meine Haut an die starke Sonneneinstrahlung hier etwas gewöhnt. Während ich mich anfangs 4(!!!) Mal am Tag eincremen musste, um nicht in kürzester Zeit knallrot durch die Gegend zu laufen, genügt mittlerweile eine Eincreme-Session am Morgen...

In unserer Freizeit, unternehmen Gesa und ich gerne Dinge gemeinsam. Mittlerweile ist eine Abkühlung am Mittag im grossen Teich auf der Pferdeweide schon fast fester Bestandteil unseres Alltags. Zudem gehen wir manchmal mit einigen der Junghunden von Bree spazieren, was diese sehr geniessen. Und natürlich würde ich persönlich auch die „Arbeit“ mit den Pferden zu meiner Freizeit zählen.

Ausserdem gehen wir auch immer wieder auf kleinere oder grössere Touren mit Bree und Michael, sei es nach Towoomba, um die Familie zu besuchen, einfach nach Roma in die Stadt, an ein Abendessen bei Bekannten oder an den Cattle Sales Yard in Roma (der grösste Rindermarkt in der südlichen Hemisphäre), auf Känguru Jagd mit Michael, etc.
Es ist schön, Teil eines Teams und einer Familie zu sein und einfach bei so gut wie allem mit an Bord zu sein.

Ich werde euch auf dem Laufenden halten, sofern ich ins Internet komme. ;)

Bis dann, Cheers and Take Care!
Kyra, Seaside Ranch, Yuleba, QLD, Australien

Auf Tuchfühlung mit einer Buschspinne

Abendstimmung auf der Ranch

Am Plantschen im grossen Teich

Wallaby-Spotting von meinem Zimmer aus

Drei der Welpen: Big Ben, Fat Amy und Gimpy

Der Cattle Sale Yard

Erfolgreiche Känguru Jagd



Dienstag, 8. November 2016

Campdrafting in Australien

Nach einem schier endlos scheinenden Flug von Vancouver nach Australien kam ich am 2. November heil am Flughafen von Roma, meinem Zielort, an. Dort wurde ich von Sabrina und Michael, meinen Gastgebern begrüsst und kurz nach meiner Ankunft gingen wir gemeinsam an die Busstation, um meine „Mitarbeiterin“ Gesa ebenfalls abzuholen und dann ging es heimwärts. Doch wir blieben nicht lange auf der „Seaside“ Ranch. Nach einem kurzen Aufenthalt von zwei Tagen packten wir alles zusammen und gingen für das Wochenende zurück in die Stadt. Denn vom 4.-6. November fand in Roma der grosse Pferdeevent des Jahres statt: das Roma Campdraft.


Campdrafting ist ein in Australien rasant wachsender Sport, welcher geprägt ist von Action und Geschicklichkeit. Dabei begeben sich die Teilnehmer hoch zu Pferd, einer nach dem anderen in den sogenannten „Yard“ (ein kleinerer Pferch) in welchem sich 6-8 „Beasts“ (Rinder) befinden. Der Reiter wählt ein „Beast“ aus, welches er dann von seiner Herde trennen und davon abhalten muss, zurück in den Schutz der Gruppe zu gelangen. Sobald das „Beast“ mit schnellen Manövern des Pferdes und ständigem Abblocken für eine Weile separiert gehalten wurde, wird das Tor zur grossen Arena geöffnet. Der Reiter muss dann in rasantem Tempo das „Beast“ erst um einen Pfosten auf der rechten Seite der Arena, dann um einen auf der linken Seite und schlussendlich durch ein Tor lenken. Das „Beast“ muss also dazu gebracht werden, eine liegende Acht zu rennen und anschliessend präzise durch einen Engpass gesteuert werden. Werden die 40 Sekunden dazu überzogen wird die Peitsche geknallt – und man ist raus aus dem Wettkampf. Das gleiche gilt, wenn das „Beast“ vom Parcours abkommt.
Michael, sowie Sabrinas Schwester Tina nahmen beide am Wettkampf in verschiedenen Kategorien mit mehreren Pferden teil. So campten wir das ganze Wochenende neben dem Wettkampf-Gelände. Michael und Sabrina haben einen Wohnwagen, in welchem sie wohnten und wir hatten Klappbetten, welche wir in dem riesigen Pferdeanhänger aufstellten und worauf wir unsere „Swags“ (eine Art Mischung aus Schlafsack und Matratze) legten.
Es war ein tolles Wochenende und wir bekamen gleich einen super Einblick in das australische Leben: Play hard and work even harder. ;)

Bis bald, cheers and take care!
Kyra, Yuleba, QLD, Australien

Der Pferdeanhänger - unser temporäres Zuhause

Die ganze Crew (von unten links) Sabrina, Tina, Gesa, Michael, Ich

Am warten auf den Auftritt

Michael bei der Arbeit