Montag, 29. August 2016

Rückblick Shellie und Joe’s Farm

Vor über 5 Wochen bin ich nach einem ersten, enttäuschenden Workaway Standort zu Shellie und Joe gekommen. Von Anfang an hat es gut gepasst, sowohl für mich, wie auch für Shellie und Joe und es ist schnell sowas wie eine Routine in unser Zusammenleben gekommen. Nun ist es schon wieder Zeit zu gehen und ich möchte erneut in Form eines Rückblicks auf meine Zeit hier zurückblicken.


Bereits vor einer Weile habe ich jedoch schon über meinen Alltag bei Shellie und Joe geschrieben. Um das Ganze nicht nochmals zu wiederholen, habe ich mich entschieden, in erster Linie über herausragende Erlebnisse, sowie einige Dinge, welche mich während meiner Zeit hier beschäftigt haben, zu berichten. 

Da ich hier ziemlich abgeschieden und weg von allem wohnte, hielt sich die Anzahl der Erlebnisse ausserhalb der Farm in Grenzen, doch nichtsdestotrotz, durfte ich einige Dinge erleben, welche mir noch lange in Erinnerung bleiben werden. Am bedeutendsten war für mich mit Abstand das Rodeo, über welches ich schon in meinem vorherigen Blogpost ausführlich berichtet habe. 

Ein weiteres Erlebnis war, dass wir einmal dazu kamen, mit den Hunden trainieren zu gehen. Im Sommer und meistens auch der grösste Teil des Herbsts ist es für die Huskys zu warm und sie würden in kürzester Zeit während dem Training überhitzen. Deshalb müssen Musher (Hundeschlittenführer) das Wetter immer genau analysieren und dann anhand der Gegebenheiten entscheiden, ob die Hunde rennen können. Damit ein Training stattfinden kann, darf die Temperatur nicht höher als 10 Grad sein, die Luftfeuchtigkeit sollte möglichst gering sein und die Sonne sollte nicht scheinen. 
Ich hätte nie gedacht, dass diese Umstände im Sommer auftreten würden, nicht mal in Kanadas Norden. Doch das Wetter belehrte mich eines Besseren und zeigte mir, dass dies Mitte August sehr wohl möglich ist. So kam es also, dass wir vor etwa zwei Wochen mit den Hunden auf die erste Trainingsfahrt des Jahres gehen konnten. Shellie zeigte mir genau, wie die Zugleinen vor dem Quad (damit beginnt man die Trainingseinheiten, solange noch kein Schnee liegt) ausgelegt werden müssen, welche Hunde nebeneinander rennen können, welche sich gegenseitig attackieren würden, wie die Zuggeschirre angelegt werden müssen, mit welchen Kommandos die Hunde vom Quad aus gesteuert werden, was Zeichen der Überhitzung sind, etc. Es machte riesig Spass, dies einmal sehen, erleben und mitmachen zu können und ich hätte nie erwartet, dass ich während meiner Zeit hier einmal dazu kommen würde.


Ein drittes Erlebnis war mein einmaliger Shoppingtrip in die Stadt. Nach dem Erledigen meiner Morning Chores nahm mich Shellie auf ihrem Weg zur Arbeit mit und ich konnte den Tag etwas in der Stadt verbringen. Ich konnte wichtige Dinge wie Mückenschutz (zeitweise waren die Mücken richtig schlimm, unter anderem weil wir in Seenähe wohnen) oder ``Working Hands`` Hand Creme kaufen und mich auch sonst ein bisschen umschauen. Shopping hier ist jedoch nicht sooo toll, weil man sich immer X-mal überlegen muss, ob das Kleidungsstück das Opfern von Raum im Koffer wert ist. ;)Ein weiteres Erlebnis war, als ich mit Shellie und Joe auf ihrem See Kajaken ging. An einem heissen Wochenende, nach einem langen und harten Arbeitstag entschieden wir, dass wir uns etwas Spass verdient haben. So packten wir Laila und Gizo in Schwimmwesten, Shellie und ich schnappten uns ein Kanu und Joe nahm das Motorboot. So böötelten wir an das andere Ende des Sees, wo es tief genug war, sodass es kein Seegras mehr hatte und wir sprangen ins kalte Nass. Es war herrlich! Und auf dem Rückweg sahen wir noch Bieber und einen Weisskopfseeadler.

Und das fünfte und letzte grössere Ereignis war mein Aufeinandertreffen mit einem Bären. Nachdem ich durch Shellie ihre Nachbarin Mary kennengelernt hatte, gab diese mir freie Hand, jederzeit vorbeizukommen und ihr jüngstes Pferd Rolex (ein 5-jähriger Paint Horse Wallach) zu reiten. Dies nutzte ich natürlich so gut ich nur konnte und so oft es mir die Menge an Arbeit bei Shellie und Joe erlaubte. Ich begann nach einer Weile der Angewöhnung auf dem Gelände der ``Off the Charts`` Ranch, mit Rolex auf Ausritte auf den nahegelegenen Trails zu gehen. 




Das Reiten hier auf Trails ist ein Traum! Man kann fast überall durch wo man einen Weg sieht, es ist fast alles flach oder leicht geneigt (aber nie genug, dass man absteigen müsste auf dem Weg nach unten) und man darf oft auch über die endlosen Felder fegen. Einen kleinen Haken hat dieser Reitertraum jedoch.... Und dieser Haken sind die unzähligen Bären, welche es hier gibt. Ich beachtete diese Tatsache auf meinen Ausritten nicht gross, ausser wenn ich im Wald und in dichtem Gebüsch ritt. Auf dem Heimweg von einem meiner Ausritte, ritt ich mit Rolex auf einem schmalen Kiesweg neben der Strasse, als plötzlich ein grosser Schwarzbär aus dem Nichts auftauchte. Er war auf dem Feld neben dem an die Strasse angrenzenden Zaun und zwischen uns waren höchstens 2m Distanz! Und ein Drahtzaun.... welcher jedoch heruntergerissen war. Zum Glück schien der Bär sich nicht mit Rolex anlegen zu wollen und während er in die Richtung rannte, aus welcher wir gekommen waren, legten wir den Rest des Weges zur Ranch, in einem leicht beschleunigten Tempo (anfangs im gestreckten Galopp) zurück. Ich konnte Rolex nach einigen Metern wieder beruhigen und bremsen, doch der Schock sass bei beiden tief. Während Rolex den Rest des Weges schnorchelte vor Aufregung, musste ich nur noch lachen. Ich konnte nicht glauben, dass das gerade passiert war und dass es gleich neben der Strasse geschah! Doch fortan ritt ich nicht nur im Wald, sondern auch neben der Strasse pfeifend, singend oder Rolex Geschichten erzählend durch die Gegend. (Die Nachbarn halten mich wahrscheinlich nun alle für Irre....)

Das waren schon alle meine Erlebnisse, doch es gibt noch ein paar weitere Sachen, welche ich gerne erwähnen möchte. 
Als erstes wären da die Hunde, ja, alle 25. Rund die Hälfte der Hunde auf Shellie und Joe`s Farm sind Hunde, welche aus schlechter Haltung gerettet wurden und bei ihnen vor ein paar Jahren ihren safe haven (sicheren Hafen) gefunden hatten. Die andere Hälfte sind Nachkommen der geretteten Hunde, welche jedoch schon ihr ganzes Leben hier verbringen durften. Ich glaube, dass ich nicht die einzige Person bin, welche automatisch annimmt, dass je mehr Tiere man hat, desto weniger Aufmerksamkeit bekommen die einzelnen Tiere und dementsprechend weniger orientieren sie sich am Menschen. Dies war hier jedoch in keiner Weise der Fall. Die Hunde flippten regelrecht aus, wenn man sich mit ihnen beschäftigte und sich einfach in ihr Gehege setzte und sie streichelte. Sobald ich ein Gehege betrat war ich sofort umzingelt von Huskys, welche alle nur eins wollten: in meiner Nähe sein, mir gefallen und möglichst viele Streicheleinheiten ergattern. So lernte ich also während meiner Zeit hier, vier Hunde gleichzeitig zu streicheln, sodass trotzdem jeder das Gefühl hatte, eine individuelle Behandlung zu bekommen. ;) Die Hunde waren so liebend und unglaublich und es war so schön, den Charakter von jedem einzelnen kennenzulernen. 


Puppy attack!!!!!! 

Ich bewundere, wie Shellie und Joe die Tiere behandeln und probieren, ihnen das beste Leben möglich zu geben. Die Hunde, welche spezielle Bedürfnisse haben oder schon älter sind (plus Laila, welche jedoch jung und gesund ist), dürfen im Haus wohnen, während die restlichen Hunde in grosszügigen Gehegen mit viel Auslauf in der Hunde-Scheune untergebracht sind. Zudem wird auf jeden Hund und dessen Bedürfnisse eingegangen und täglich wird mit gefrorenen Hühnerstücken, Hafterflocken, Gemüsebrühe und rote Beete Brei das Hundefutter frisch zubereitet. 

Ein weiterer Aspekt, in dem ich hier sehr profitiert habe ist das Kochen. Jeden Abend war jemand anderes fürs Abendessen zuständig und das Kochen an sich war für mich nichts Neues, denn ich kochte und backte auch Zuhause von Zeit zu Zeit, oder half meinen Eltern manchmal und konnte ihnen über die Schultern schauen. Aber was ich bisher kaum kochte, war Fleisch - ausser Speck zum Spiegelei, das brachte ich auch vorher problemlos auf die Reihe. ;) Doch hier war Fleisch meistens das Kernstück von jeder Mahlzeit. Nachdem ich mich anfangs  kaum ans Fleisch herantraute, lernte ich mit der Zeit meine Mahlzeiten folgendermassen zu planen: ich ging in die Garage, öffnete eine der zahlreichen Gefriertruhen, wählte eines der vakumierten Fleischstücke (das Ganze Fleisch bei Shellie und Joe war entweder von Tieren von ihrer Farm oder selbst geschossene Wildtiere) aus, brachte es in die Küche und während es am auftauen war, durchforstete ich das Internet nach Rezepten, welche man mit diesem Stück Fleisch kochen konnte. Die Beilage wurde dann spontan noch dazu entschieden und meist pflückte ich etwas Salat im Garten und machte noch Nudeln oder etwas mit Kartoffeln dazu. Ich scheine das Faible fürs Fleisch und das Würzen von meinem Vater zu haben, denn Shellie und Joe waren fassungslos, dass ich bisher wirklich noch nie Fleisch gekocht hatte und waren sehr zufrieden mit meinen Kochleistungen. 



Ich liebe diesen Ort und es gibt nicht viel mehr dazu zu sagen, als dass es ein wunderschöner Fleck zum leben ist. Doch es gibt trotzdem ein paar Dinge, welche es sich noch zu erwähnen lohnt. Die Nähe der Wildnis und die Abgeschiedenheit bringt einen dazu, dass man sich viel bewusster zu bewegen und verhalten beginnt. Zur Sicherheit nahm ich zum Beispiel jeden Morgen auf meinen morning run eine kleine Glocke mit, damit mich Wildtiere schon von weitem hörten und sie die Gelegenheit hatten, mich zu meiden. Ausserdem begann ich mich regelrecht darauf zu freuen, wenn Shellie endlich wieder Einkaufen ging (was alle zwei Wochen war: die meisten Menschen hier gehen so selten wie möglich in den Shopping-Teil der Stadt). Auch die Distanzen hier sind unglaublich: alle Menschen im Umkreis von ca. 5km gelten hier als Nachbarn. Und durch die flache Landschaft und die endlosen, geraden Strassen, kann man Autos schon von weitem sehen, doch wenn eines in der Ferne auftaucht, kann man damit rechnen, dass es mindestens noch ca. 2-5min entfernt ist. Das ist man sich von der kleinen Schweiz her einfach nicht gewohnt!
Die Zeit hier war trotz (oder wegen?) der Abgeschiedenheit, der Nähe zur Wildnis, den langen Arbeitsstunden, den unzähligen blauen Flecken, Blasen und Holzsplittern in den Händen, truly one to remember. Ich werde Shellie und Joe sehr vermissen, denn obwohl Shellie ein strenger Arbeitsgeber war, war sie eine umso bessere Freundin, welche mir sehr ans Herz gewachsen ist in meiner Zeit bei ihnen. Dank Joe musste ich meine Brüder nie vermissen, denn er sorgte zu genüge für Wortspiele und Kommentare, sodass ich mich von Anfang an wie Zuhause fühlte. ;) Joe war ausserdem ein sehr lieber, hart arbeitender Mitbewohner (ausser wenn es ums Aufräumen der Küche ging), der den beeindruckendsten Zaun baute, den ich je gesehen habe.
Shellie und Joe sagten mir mehrmals, dass ich jederzeit willkommen sei und dass sie sehr fest hoffen, dass ich eines Tages zurück komme - und ich hoffe das auch, um ehrlich zu sein. 


Nun geht es morgen an den Flughafen, um Fidel abzuholen und dann weiter nach Vanderhoof für eine Woche... 

Bis dann, cheers und take care!
Kyra, Shellie und Joe’s Farm, Prince George, BC, Canada

Shellie und Joe

Kajaken mit Shellie

Viper am Küsschen verteilen

My kind of heaven

Joe mit Blueberry, der neusten Addition zur Familie

Innenbereich der Hunde-Scheune

Ammi

Joe's Zaun -nichts geht raus, nichts kommt rein

Candel, einer meiner Lieblingshunde

Trapper :D


Zola mit Schafen und Ziegen


Koda und ich

Cally und Bundi





Montag, 22. August 2016

Saddle up - it's rodeo time!

Hallo zusammen,

schon lange bevor dieses Abenteuer begann, hatte ich mir einige Gedanken darüber gemacht, was ich während meiner Zeit unterwegs unbedingt erleben möchte. Eines dieser “Traveling Goals“ war es, ein Rodeo zu sehen. Vergangenes Wochenende wurde dieser lange gehegte Wunsch endlich erfüllt und ich besuchte ein Rodeo. ABER ich war da nicht nur als Zuschauer anwesend, sondern auch als Performer und Teil des Rodeo-Teams!!


Durch Shellie (meine Gastgeberin) kam ich in Kontakt mit Mary, unsere “Nachbarin“ (welche rund 2km entfernt von hier wohnt) die Pferde besitzt und auch eine totale Pferdenärrin ist. Sie ist Vize-Präsidentin des Northern Interior Drill Teams (ein Drill Team ist eine Performance Gruppe, welche hoch zu Pferd an Shows auftritt und mit den Pferden eine Choreografie reitet), welches für das Rodeo als Showeinlage gebucht wurde. Ausserdem wurde das Team noch für den Grand Entry gebucht, welcher auch fester Bestandteil eines jeden Rodeos ist. Beim Grand Entry reitet eine Gruppe Reiter im schnellen Galopp in die Arena, wobei jeder Reiter entweder eine Landesflagge oder eine Flagge mit dem Logo eines Sponsors mit sich trägt und diese während einigen Galopprunden präsentiert. Und genau bei diesem Teil durfte ich mitreiten! Mir wurde die Ehre zugeteilt, an zweiter Stelle mit der amerikanischen Flagge (gleich hinter der kanadischen Flagge) in die Arena zu reiten. Da Hicky ja leider nicht hier ist und ich nicht mit der Flagge in die Arena rennen konnte, durfte ich ein Pferd eines Drill Team Mitglieds reiten. Mein Partner für den Auftritt hiess Smoke,welcher mehrmaliger National Champion in Team Penning ist und trotz seines Alters von 24 Jahren Energie für 3 Pferde hat. 
Das Rodeo war am Samstag und am Sonntag und der Grand Entry Auftritt fand an beiden Tagen als Eröffnung vor den Rodedisziplinen statt. Während es am Samstag relativ sonnig, bei Temperaturen um die 28 Grad war, regnete es am Sonntag beinahe ununterbrochen bei ca. 13 Grad. Dieser extreme Wetterumschwung war nicht nur ungemütlich für uns und die restlichen Leute, welche im Rodeo involviert waren, er wirkte auch nicht gerade einladend für potentielle Zuschauer. So kam es, dass wir am Samstag vor vollen Rängen ritten, während am Sonntag nur die härtesten Rodeo Fans zuschauen kamen. Doch das machte uns nicht viel aus. Abgesehen davon, dass wir am Sonntag alle klatschnass, durchgefroren und mit Schlamm bespritzt waren, hatten wir unseren Spass und ich kam an beiden Abenden überglücklich, aber auch todmüde nach Hause. 


Nebst unseren Showeinlagen fanden natürlich auch die diversen Rodeodisziplinen in der Arena statt: von Bronc Riding, über Team Roping, Barrel Racing, Breakaway Roping, Bull Riding, zu Steer Wrestling war alles vertreten. Es war total faszinierend, die Cowboys und Cowgirls in Action zu sehen und das ganze Spektakel nach unserem Aufrtitt in den Zuschauerrängen mitverfolgen zu können. 

In rund einer Woche kommt Fidel hier an und ich verlasse Shellie und Joe’s Farm und damit auch Mary und ihre Pferde. Doch dieses Wochende war solch ein unglaublich tolles Erlebnis und ich kann noch immer kaum glauben, was für ein Glück ich hatte, dass ich ausgerechnet mit Mary in Kontakt kam und sie mir ermöglichte, ein Teil dieses Rodeos sein zu können. Ausserdem habe ich in den letzten paar Tagen - sei es im Training oder während dem Rodeo selbst - so viele tolle Horsemen and Horsewomen kennengelernt, dass ich Grund genug hätte, später einmal hierher zurückzukehren.... ;)

Bis dann, cheers and take care!
Kyra, Shellie und Joe’s Farm, Prince George, BC, Canada

Mary auf Buddy, Ich auf Smoke und JJ auf Hannah

Kurz vor dem Auftritt mit Smoke, meinem “Partner in Crime“

Organisieren der Flaggen vor dem Grand Entry

Alle in Aufstellung, während Mary Runden zu O’Canada dreht

Mary und Ich

Das Team in Aufstellung nach einem gelungenen ersten Auftritt

Wet but happy Cowgirls (JJ, Ich, Rebecca, Mary)
  
Bull Riding

Cowboys am Warten 

Breakaway Roping

Judge erklärt durch loslassen der Flagge den Run für gültig

Mini Bronc Riding Pony

Mini Bronc Riding